Am e-Commerce-Horizont zeichnet sich ein Gezeiten-Wechsel ab

Erste Anzeichen von bevorstehenden Veränderungen im e-Commerce-Markt schicken ihre Wellen voraus – und zwar konkret in Form von Produkt-Updates der großen amerikanischen Tech-Konzerne. Wir ordnen diese Veränderungen ein und erklären, was sie für die Zukunft bedeuten. Comsysto Reply realisiert seit über 15 Jahren komplexe e-Commerce-Lösungen für Kunden aus allen Branchen. Parallel dazu verfolgen und analysieren wir relevante Trends in unserem e-Commerce Lab, um schon heute bereit für die Herausforderungen von morgen zu sein. Unsere Insights teilen wir hier – jede Woche dienstags!

Wir haben schon in einer früheren Newsletter-Ausgabe über eine mögliche Revolution des klassischen Online-Shops hin zu Agenten-basierten Lösungen berichtet. Und das Thema ist gerade stark im Fluss! Die folgenden Updates von Google, Amazon und OpenAI, welche in den letzten Wochen ausgerollt wurden oder demnächst folgen, erlauben uns einen fundierteren Blick in die Zukunft.

Google Shopping ändert sein Verhalten in Bezug auf EANs

Bei Googles Produktsuche werden zukünftig keine exakten Ergebnisse für EANs (Wikipedia) geliefert (E-Commerce Magazin). Wieso Google dieses Feature entfernt hat, ist unklar. In jedem Fall hat diese Anpassung aber erhebliche Auswirkung auf die Geschäftsmodelle einiger Anbieter, welche die Produktsuche von Google zum automatisierten Preisvergleich oder für Marktanalysen nutzen und damit auf exakte Ergebnisse angewiesen sind.

Ob es hier einen kausalen Zusammenhang gibt ist zwar reine Spekulation, es ist aber definitiv davon auszugehen, dass dieses Feature für die KI-Systeme von einigen Konkurrenten von Google eine Datenquelle von erheblichem Wert gewesen ist. Und genau diese wird nun etwas proprietärer.

Google Search liefert KI-generierte Antworten

Eine Änderung, welche die meisten Leser vermutlich schon wahrgenommen haben, ist die Einführung von KI-generierten Ergebnisse oberhalb der Google-Suchergebnisse bei der Eingabe von allem, was nach einer Frage klingt. Das hat Folgen für das Content-Marketing: es wird schwieriger, Nutzer mit wertvollen Inhalten auf die eigene Webpräsenz zu leiten, um dort die eigene Marke positionieren zu können (E-Commerce Magazin). Wahrscheinlich werden nicht alle Kunden mit der KI-basierten Zusammenfassung zufrieden sein und dennoch die Suchergebnisse weiter unten nutzen, um direkt auf die Quellen zuzugreifen, aber zumindest ein spürbarer Anteil des Traffics von der Google Suche ist bereits weggefallen. Dieser Effekt wird sich vorrausichtlich über die kommenden Monate weiter verstärken, wenn sich mehr und mehr Benutzer an diese Informationsquelle gewöhnt haben.

Das prominenteste Suchergebnis bei Google ist eine KI-generierte Antwort
Das prominenteste Suchergebnis bei Google ist eine KI-generierte Antwort

In Zukunft zweiteilige Artikel-Überschriften bei Amazon Marketplace

Doch es gibt nicht nur Änderungen bei Google – natürlich sollte man beim Thema e-Commerce immer auch Amazon im Blick behalten. Auf dem dortigen Marktplatz gibt es eine Anpassung, auf die man sich Einstellen sollte, wie Malte Karstan auf LinkedIn erklärt (zum Post). So will Amazon wahrscheinlich dieses Jahr zweiteilige Produkt-Überschriften einführen. Im ersten Hauptteil der Überschrift sollen sich faktische Informationen zur Identifikation des Artikels befinden, beispielsweise Marke, Produkttyp, Modell, Größe und Variante. Die Sekundärüberschrift soll dann Verkaufsargumente wie Features und Alleinstellungsmerkmale zusammenfassen. Auch hier lässt sich erahnen, dass es unter anderem darum geht, die Datenqualität für Rufus, den AI-Shopping Assistant von Amazon, zu verbessern. Und die nötige Marktmacht, um das durchzusetzen, hat Amazon definitiv, beispielsweise wenn die Platzierung der Produkte im Marktplatz von der Qualität dieser strukturierten Beschreibung abhängt.

OpenAI verbessert “Shopping” in ChatGPT

Auch von OpenAI gibt es Neuigkeiten! Zukünftig werden die Ergebnisse von produktbezogenen Suchen attraktiver und ähnlicher zu den im e-Commerce verbreiteten Tiles dargestellt, wie in ihrem Blog (OpenAI) nachzulesen ist.

Produkte sehen in ChatGPT mittlerweile ein bisschen mehr aus wie in einem Online-Shop
Produkte sehen in ChatGPT mittlerweile ein bisschen mehr aus wie in einem Online-Shop

Und das scheint erst der Anfang zu sein – in einem Teil es öffentlich zugänglichen Source-Codes von OpenAI wurden offenbar Hinweise gefunden das eine Tiefgehende Integration mit Shopify geplant ist (TestingCatalog). In diesem Bereich ist einiges an Bewegung zu erwarten, nachdem Microsoft auch eine direkte Integration von Online-Händlern in seine Co-Pilot App gestartet hat (Microsoft).

Das war’s für heute – und so geht es weiter

Auch wenn derzeit nur wenige an das Ende der bekannten Storefronts glauben (in meiner Umfrage vor 2 Wochen waren das weniger als 10%) so wird diese in Zukunft immer mehr Konkurrenz von KI und konversationsbasierten Agenten bekommen. Wie immer beginnen disruptive Änderungen langsam – aber falls die Welle früher oder später erst einmal groß genug geworden ist, kommt nur noch mit, wer schnell genug aufgesprungen ist.

Stichwort disruptive Änderungen: Die gibt es auch in spezielleren Fällen als den prominentesten e-Commerce-Beispielen wie Mode oder Elektronik. Nächste Woche beschäftigen wir uns in Kooperation mit der Spark Reply mit der Automobilbranche und einem Blick in Zukunft des digitalen Autokaufs.

Bis nächste Woche!

Christian & das Comsysto Reply e-Commerce Lab